Die Entwicklungsgeschichte des Schützenhauses

1543

Unbeantwortet bleibt zunächst die Frage, seit wann den Schießgesellen eine eigene Schießstätte, ein Ort der sportlichen Schulung, zur Verfügung stand, und wo dieses erste Schießhaus zu suchen ist.
Frühestens wird für Lichtenfels - wie schon oben erwähnt - die "Gemein Schueshütten" (=gemeindliche Schießhütte) im Rechnungsjahr 1543/44 genannt, jedoch lässt sich aus dem knappen Hinweis der Standort des Hauses nicht ersehen. Erst das Bittgesuch vom 24. August 1617, welches Schützen und Schießgesellen an den Amtmann richteten, um die gegen sie erkannte Buße von hundert Gulden abzuwenden, weist auf den Burgberg hin. Wenn auch Einzelheiten über letzterwähnten Vorfall fehlen, war es doch sicherlich so, dass die Schützen, um sich bei den Hauptschießen größeren Zulauf zu sichern, ein Kleinod aushängten.

1700

Mit dem Abbruch des alten Schlosses auf dem Burgberg und der systematischen Schleifung der Burgwälle im 17. und 18.Jahrhundert stellten sich andere Bedingungen ein. Wohl schon in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts dürfte für die Schützengilde die Notwendigkeit der Wahl eines neuen Platzes sich ergeben haben. Der genaue Zeitpunkt ist zwar nicht bekannt. Man darf aber ohne großen Zwang allerspätestens das Jahr 1700 in Erwägung ziehen. Die früheste Erwähnung der „Schießmauer auf dem Anger" erfolgt bekanntlich 1723. Ein Lichtenfelser Flurplan, der vor 1740 entstand und von dem Maler Meuser aus Schney erstellt wurde, zeigt auf dem Anger zwei Holzhütten.
Sehr wahrscheinlich dienten sie bereits dem Schießsport. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, im Siebenjährigen Krieg, sowie in den darauf folgenden unruhevollen Jahrzehnten, gingen die ersten Anlagen am Anger wieder ein.
Aus Jäcks lebendiger Schilderung des Lichtenfelser Freischießens von 1811 ist zu entnehmen, dass damals alle Anlagen auf dem Schießplatz neu geschaffen wurden. Er spricht von der hohen Vogelstange und dem Schießstand, den er als ein "niedliches chinesisches Haus" bezeichnet, dann von einem größeren Holzgebäude mit drei vorspringenden Pavillons, worinnen der Schießbetrieb sich abwickelte; Bilder aus jener Zeit bekräftigen das Gesagte.
Diese neuen Einrichtungen dankte die Gesellschaft dem damaligen 1.Schützenmeister, dem Fabrikanten Joseph Felix Silbermann.
Dieser, als die Seele der Gesellschaft und als der wohlhabendste Bürger der Stadt, zugleich aber auch ab 1818 ihr Bürgermeister, fördert die eingeleiteten Bestrebungen mit voller Hand. Die Stadt blieb nicht untätig zur Seite.

1811

Der Stadtrechnung von 1811/12 ist zu entnehmen, dass sie den Tagelöhner Lorenz Müller beauftragte, im Wald Stangen umzumachen, sie zu putzen und damit den Schießplatz auf dem Schießanger einzuzäunen.
Wenn auch die Nachrichten über die ersten Vereinsjahre nur zögernd fließen, über die Durchführung des Freischießens im Jahre 1816 hat sich doch einiges erhalten. In diesem Jahr waren laut Schützenrechnung 36 Tagelöhner und Tagelöhnerinnen drei Wochen lang mit dem Aufrichten der Zelte, mit der Beschaffung der Waldstreu und der Eichenäste, mit Kranz- und Guirlandenbinden sowie mit anderen Arbeiten beschäftigt. Der Aufwand für diese Arbeitskräfte betrug 130 Gulden 16 Kreuzer. Nach dem Freischießen wurde ein Teil der Behelfsbauten wieder eingelegt; namentlich erwähnt ist dabei die "Oberförstershütte".

1818

1818 erhält der Schreiner Valentin Heinzenknecht für das Legen neuer Fußböden im Schießhaus und zwar im großen Tanzsaal sowie im unteren Saal 27 Gulden ausbezahlt.
Der Maurermeister Bögner, welcher die Bedachung des Schießhauses überprüft, ferner die Schießmauer verputzt und anstreicht und endlich auch den Mauerfuß der Vogelstange repariert, wird mit fünf Gulden abgefunden.
Der Zimmermann Paul Hild von Burgberg verlangt für das Aufrichten der Vogelstange einen Gulden 48 Kreuzer, während Adam Schaupp für das Aufrichten des großen Zeltes und für das Laden der Böller 13 Gulden verrechnet.
Der Bildhauer Fugmann von Redwitz a. d. Rodach lieferte den großen Vogel um fünf Gulden 30 Kreuzer, der hiesige Maler Franz Siebel fertigte die drei ersten Gewinnstscheiben um zwei Gulden 42 Kreuzer an.

1827

Für die Jahre 1818 bis 1834 laufen die Nachrichten über den Fortgang des Schützenwesens äußerst spärlich. Das Beschlussbuch des Stadtmagistrats Lichtenfels enthält unter dem 22. August 1827 folgenden Eintrag: "Da das Schießhaus in einem polizeiwidrigen und gefahrvollen Zustand, nach abgenommener Einsicht befunden worden ist, soll dasselbe auf Kosten der Gemeinde eingelegt und das Material bis auf Weiteres an einem sicheren Ort verwahrt werden."
Ein halbes Jahr später, am 20. Februar 1828, befasst sich der Magistrat wiederum mit der Schießstätte. Der Eintrag im Beschlussbuch lautet: "Die Erhaltung des eigentlichen Schießstandhäuschen: Es soll die Ausbesserung und Erhaltung des besagten Häuschens durch Akkord mit einem Zimmermann veranlasst werden, und die Commune die Ausgaben hiefür bestreiten."
Nur vier Wochen später, am 28. März 1828, wurde aber der ebenerwähnte Beschluss wieder aufgehoben und vom Magistrat der neue Auftrag erteilt, das noch stehende "Stück Häuschen wegen äußerster Ruinosität" vollends abzubrechen.
Was war geschehen?
Die im Jahre 1811 beim ersten großen Scheibenschießen behelfsweise errichteten Gebäude, für deren laufenden Unterhalt anscheinend nicht ausreichend gesorgt wurde, fielen mit der Zeit in sich zusammen. Sie mussten deshalb abgetragen werden. Der Anfang wurde 1827 mit dem Schießhaus, der Versammlungsstätte der Schützen, gemacht, während 1828 das Schießstand-Häuschen folgte.
Im Jahre 1832 legte die Stadt ein neues Grundbuch an. In diesem ist auf Blatt 714 auch der Anger vor dem Coburger Tor, zwischen der Loh- und der Langen Brücke aufgeführt, "auf welcher die Schießstadt befindlich". Die Schießmauer mit dem Zielerstand war also noch vorhanden, Gebäulichkeiten irgendwelcher Art sind dagegen nicht mehr erwähnt. Als Eigentümerin der Schießstätte, wie überhaupt des Angers ist die Stadt Lichtenfels, Commune, eingetragen.

1834

1834 fand sich in dem Kaufmann und Magistratsrat Johann Baptist Silbermann, dem Sohn des oben erwähnten Joseph Felix Silbermann, eine neue Kraft und die rechte Persönlichkeit zur Fortführung und Pflege der alten Tradition. Die Zeit war reif. Die Erinnerung an die stolzen Tage von 1811 bis 1818 war noch lebendig. Nicht weniger als 74 Männer aus Lichtenfels und nächster Umgebung traten im Jahre 1834 der Gesellschaft neu oder wieder bei. Das Beispiel Silbermanns zündete. Aus eigenen Mitteln errichtete dieser Mann auf dem Anger ein neues Schießhaus. Ein einstöckiger, lang gestreckter, vierfenstriger Bau, mit Front zur Coburger Straße. Der jetzige Vorsaal verkörpert noch das einstige Schützenhaus.
In diesem Jahr erhielt ferner das Schießhaus durch den Maurermeister Johann Pfrang einen neuen Anstrich; Kostenpunkt acht Gulden 24 Kreuzer. Der Schreinermeister Johann Siegelin in Schney musste für das Bildnis des bayerischen Königs einen kunstvollen, vergoldeten Rahmen für 13 Gulden herstellen, ein für damalige Verhältnisse ziemlich hoher Betrag.

1863 bis 1865

Auch in den folgenden Jahren ging es mit der Gesellschaft stets aufwärts. Bald war das Schützenhaus zu klein. Im Juni 1863 beschloss man, das Schützenhaus zu erweitern und durch die Ausgabe von Aktien an die Mitglieder die Finanzierung des Bauvorhabens für alle Fälle sicherzustellen.
Der Anbau bestand aus einem Tanzsaal, einem Spielzimmer, einem Buffet und einer Küche. Die ganze Anlage erhielt eine neue Bedachung, eine Heizungs- und eine Gaseinrichtung.
Das Richtfest fand am 12. Juni 1864 statt, die Weihe anlässlich des Freischießens am 21. August 1864.
1865 wurde ein Weitstand errichtet, für welchen die Stadt das Gelände zur Verfügung stellte und einen Zuschuss von 25 Gulden leistete.
Eine weitere Neuerung war der Bau eines hölzerne Pavillons für die Musik. Dieser wurde von Zimmermeister Georg Meidel für 60 Gulden errichtet. Dieser Pavillon wurde alljährlich zum Freischießen aufgestellt und unterm Jahr im Kastenboden verwahrt.

1876

Die längst geplante Umgestaltung der Aborte, die Einrichtung eines Speise- und Damenzimmers sowie die Verlegung der Küche wurde in der Generalversammlung vom 30. April 1876 endgültig beschlossen.

1883

Vor ernste Probleme stellte das Jahr 1883 die Gesellschaft. Mängel am Dach und im Dachstuhl machten sich bemerkbar. Durch eindringendes Regenwasser ergaben sich schlimme Schäden. Mit Rücksicht auf die umfangreichen Arbeiten, welche erst im Mai aufgenommen werden konnten, wurde der Freischießenbeginn auf den 26. August verschoben.

1889

Das Jahr 1889 brachte die Erweiterung der Schießstände von 100 auf 175 Meter sowie den Bau eines neuen Kugelfanges.

1895

Auf behördliche Anordnung musste die Schutzmauer am Schießstand um etwa 1,50 Meter erhöht werden.

1897

Das Schützenhaus wird an den Fernsprechverkehr angeschlossen, ferner die Beleuchtung des Festplatzes mit Gasglühlicht durchgeführt.

1903

Nach längerer Vorplanung wurde ein Vorhaben von 1901, die Vergrößerung des Saales durchgeführt. Man war sich einig darüber, den großen Saal in der ganzen Länge gegen die Straße zu um 6,20 Meter zu verlängern, ferner neue Schießstände zu errichten sowie die Abortverhältnisse zu verbessern. Ende Juni 1904 war der Umbau zufrieden stellend abgeschlossen.

1914

In der ersten Dezemberhälfte 1914 wurde das Schießhaus von der Heeresverwaltung beschlagnahmt und als Militärlazarett zur Unterbringung verwundeter Soldaten eingerichtet. Das Lazarett wurde bis Kriegsende aufrechterhalten.

1920

Im Jahr 1920 wurde die elektrische Beleuchtung im Schützenhaus restlos erneuert und modernisiert.

1926 bis 1927

Die Abortverhältnisse werden 1926 weiter verbessert. 1927 erfolgt der Bau eines Kleinkaliberstandes.

1938

Verschiedene Bauarbeiten werden in Angriff genommen. So erfolgte die Umgestaltung des Einganges, ferner der Bau eines neuen Schießstandes mit Blenden sowie die Erweiterung des Kleinkaliberschießstandes.

1945

Trotz verschiedener Verwendungen konnte das Schießhaus in seiner Inneneinrichtung glücklich über die Jahres des 2.Weltkrieges gebracht werden. Dies änderte sich aber jäh Mitte April 1945, als mit der Besetzung der Stadt durch die Amerikaner vorübergehend viele Ostarbeiter, die sich hier befanden und die noch aus den umliegenden Dorfschaften Zuzug erhielten, vom Schießhaus Besitz ergriffen.
Nun wurde von Herzenslust geplündert und zerstört. In diesen Tagen ging das alte wertvolle Scheibenmaterial bis auf wenige Stücke restlos verloren.

1954

Das Schützenhaus wird renoviert. Durch den Einbau einer Bühne gewinnt die Stadt einen Theatersaal. Zwischen Vorsaal und den Schießständen entsteht ein Clubzimmer, eine Bar wird eingebaut und die Küche modernisiert. Die sanitären Anlagen werden in Ordnung gebracht.

1958

Im Schützenhaus wird eine Großraumheizung eingebaut. U.a. können jetzt auch die Räumlichkeiten in den Wintermonaten von Firmen und Vereinen benutzt werden.

1960

Am 30. April 1960 kann im Jahr des 150.Geburtstag der Gesellschaft die neue Schießanlage übernommen werden. Sie umfasst im Obergeschoß 13 Stände für Luftgewehr, im Erdgeschoß 4 Kleinkaliberstände mit 50 m Entfernung, 3 Großkaliberstände für 100 m Entfernung und 1 Pistolenstand mit 25 m Entfernung. Sämtliche Klein- und Großkaliberstände sind mit elektro-automatischen Scheibentransportanlagen ausgestattet.
Im Laufe des Frühjahres 1960 erfolgt die Renovierung des Schützenhauses. Im Saal wird eine Wandbespannung angebracht, Wände und Decken tapeziert, farbige Fenster auf der Empore angebracht und neues Mobiliar angeschafft.

1967

Zwei neue Kleinkaliber-Stände werden gebaut.
Am Heiligen Abend des Jahres 1967 werden die Schießstände von einem Hochwasser heimgesucht; die Schießanlage wird in einer Höhe von 2,70m überflutet. Die gesamte KK-Anlage wird dadurch vernichtet.

1969

Am 5. Juli 1969 wird die neue Anlage der Pistolenstände übergeben. Geschoßmeister Rudolf Großmann stellt die erforderliche elektronische Steuerung kostenlos zur Verfügung.

1970

Wesentliche Arbeiten am Schützenhaus fallen an und werden durchgeführt. Erneuerung der Decke, Einbau neuer Türen, Renovierung des Dachgebälks, Einzug einer neuen Decke im Saal.

1977

Über die Wintermonate hinweg wird der Luftgewehrstand "winterfest" gemacht.

1981

Umfangreiche Renovierungsarbeiten im Schützenhaus sind notwendig geworden und werden durchgeführt.
Die Damen- und Herrentoiletten werden im Anschluss an den Eingang völlig neu installiert. Die Schänke wird neu gestaltet und der Küche angegliedert, der Kühlraum erneuert. Ein Raum für die Gewehrschränke wird geschaffen. Die Heizungsanlage wird von Öl auf Gas umgestellt.
Um diesen finanziellen Kraftakt bewältigen zu können werden "Bausteine" verkauft.

1983

Es erfolgt mit sehr viel Eigenleistung der Mitglieder der Aus- und Umbau der ehemaligen Garderobe zum Jugendzimmer.

1996

Im Rahmen einer außerordentlichen Generalversammlung im Mai wird der Neubau der gesamten Schießanlage beschlossen.

1998

Am 4. Dezember 1998 erfolgt nach einer langen Planungszeit die Grundsteinlegung für das "Jahrhundertprojekt" der neuen Schießanlage.

1999

Mit vielen Arbeitsstunden entsteht im Laufe des Jahres 1999 eine der modernsten Schießanlagen in ganz Oberfranken.

2000

Die feierliche Eröffnung der Schießanlage findet vom 24. März bis 26. März 2000 statt.
Zum feierlichen Festkommers am 24. März mit kirchlicher Segnung der neuen Schießanlage sind viele Ehrengäste und befreundete Vereine anwesend. Am 25. März ist ein Mannschafts-Pokalschießen für alle Vereine angesetzt,  Der 26. März ist ganz einem "Tag der offenen Tür" gewidmet, bei welchem jeder Besucher unter fachmännischer Anleitung 10 Schuss abgeben kann und hierfür eine ganz persönliche Urkunde erhält.

2010

Beginn größerer Renovierungsarbeiten am Altbau. Das gesamte Schieferdach des Schützenhauses wird neu gedeckt, neue Saalfenster eingebaut, die Saalzwischendecke von oben isoliert, die seitlichen Anbauten neu gedeckt und defekte Teile der Dachkonstruktion ersetzt. Eingesetzt werden ausschließlich Handwerker aus der Region und sehr viel Eigenleistung der Mitglieder. Im April wird eine elektronische Schließanlage im gesamten Haus eingebaut. Diese Schlüssel können mit unterschiedlichen Berechtigungen ausgestattet werden und bei Verlust gesperrt werden. Amtsseitig wird eine zusätzliche Sicherung der Waffenkammer durch eine Waffenkammertür mit eingeschränkter Zugangsberechtigung und die Installation einer Alarmanlage gefordert, welche im April eingebaut wird. Mit leichter Verzögerung wird im August die Photovoltaikanlage mit 200 Kw Leistung ans Netz angeschlossen.

2011

Nachdem die Renovierung der Saalheizung schon mehrere Jahr hinausgezögert wurde, wird diese durch eine moderne Gasheizung ersetzt. Zusammen mit der Saaldeckenisolierung machen sich sehr schnell Einsparungen bemerkbar. Eine neue Baustelle hat sich aufgetan. Bei den Dachsanierungsarbeiten wird festgestellt, dass auch die Bedachung von Küche, altem Schießstand und Flur teil erhebliche Mängel aufweist und tragende Balken angegriffen sind. Bis zum Schützenfest sind alle Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen.

2012

Bis auf kleiner Sanierungen fallen keine großen Baustellen mehr an und geben den Verantwortlichen eine Verschnaufpause für das Jubiläumsjahr 2013.